Der Nachrichtenmessenger Telegram muss in Spanien nicht mehr um seine Existenz bangen. Am Montag legte Santiago Pedraz, Richter am Nationalen Staatsgerichtshof in Madrid, eine bemerkenswerte Kehrtwende hin. Zunächst setzte Pedraz die von ihm selbst angeordnete Blockade des Messengerdienstes aus, gegen Mittag veröffentliche er einen weiteren Beschluss, mit dem er endgültig von einer Sperre Abstand nahm.
Dies wäre eine überzogene und unverhältnismäßige Maßnahme gewesen, gestand der Richter laut der spanischen Tagezeitung „El País“ ein. Nach seinem Beschluss vom Freitag musste sich Pedraz eingestehen, dass er die Konsequenzen „nicht ignorieren“ könne. Eine komplette Blockade von Telegram, das in Spanien von bis zu 8,5 Millionen Menschen genutzt wird, wäre auch technisch vermutlich schwer umsetzbar gewesen.
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Urheberrechtsverletzungen durch Nutzer?
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Noch am Freitag hatte Pedraz eine vorläufige Sperrung von Telegram angeordnet. Zuvor hatten sich die Medienunternehmen Atresmedia, Mediaset und Movistar wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen von audiovisuellen Inhalten durch Telegram-Nutzer an das Gericht gewendet. Man habe die Behörden auf den Britischen Jungferninseln, wo Telegram registriert ist, mehrfach vergeblich um Amtshilfe gebeten, so die Justiz. Die Behörden hätten sich geweigert, die Identität der Inhaber von Telegram-Konten zu klären, von denen aus urheberrechtlich geschützte Inhalte verbreitet worden seien. Die Blockade sei deshalb „erforderlich, geeignet und angemessen.“
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Jetzt musste das Gericht eingestehen, dass die Nutzer eine Sperre leicht hätten umgehen können: „Die Maßnahme könnte nicht ideal sein, da Benutzer ein VPN-Netzwerk oder einen Proxy verwenden könnten, um auf Telegram zuzugreifen“, erklärte das Gericht.
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In Deutschland ist das Bundesamt für Justiz (BfJ) gegen Telegram in der Vergangenheit mehrfach wegen Verstößen gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) vorgegangen. 2022 verhängte die in Bonn ansässige Behörde Bußgelder in Höhe von 5,1 Millionen Euro gegen den Messengerdienst. Das Bundesamt für Justiz warf Telegram vor, in den Jahren 2020 und 2021 gegen die Pflicht zur Bereitstellung gesetzeskonformer Zustellungswege verstoßen und keinen Zustellungsbevollmächtigten mit ladungsfähiger Anschrift in Deutschland benannt zu haben.
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Europäische Verordnung greift
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Das NetzDG, das bis vor wenigen Wochen den Umgang mit Hasskriminalität und anderen strafbaren Inhalten in Deutschland geregelt hatte, sah die Einrichtung eines Beschwerdemanagements für die Plattformen vor. In der Praxis scheiterten Kommunikation und Vollstreckung regelmäßig an einer ladungsfähigen Adresse in Deutschland. Denn viele Plattformen wie etwa X (ehemals Twitter) haben ihren europäischen Sitz in Dublin.
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Mit dem EU-Gesetz für digitale Dienste (DSA) hat sich die Situation geändert. Als Verordnung entfaltet der DSA in den EU-Mitgliedstaaten für die großen Plattformen schon seit August 2023 unmittelbare Wirkung. Seit 17. Februar 2014 greifen die Regeln für alle Plattformen und -kommunikationsdienste, wie auch Telegram.
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In Deutschland liegt bisher ein Entwurf für ein Begleitgesetz vor. Noch im ersten Halbjahr 2024 soll das Digitale-Dienste-Gesetz in Kraft treten, als nationale Aufsichtsbehörde ist die Bundesnetzagentur vorgesehen. Das Bundesamt für Justiz stellt jedenfalls schon seit einigen Wochen auf seiner Website klar, dass „Meldungen zu rechtswidrigen Inhalten in sozialen Netzwerken“ nicht mehr bearbeitet werden.
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